Welche Trends werden 2025 für Unternehmen und Konsument:innen wichtig?
Life Trends-Studie
Die Reaktion der Menschen auf den rasanten technologischen Fortschritt ist kontrovers.
Der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und generativer KI wirkt sich zunehmend auf die Erfahrungen aus, die Menschen mit digitalen Technologien machen. Die Expert:innen von Accenture Song haben fünf Trends identifiziert, die einen Einblick in die veränderten Verhaltensweisen und Einstellungen von Menschen geben.
Was geschieht, wenn Menschen und Marken aufeinandertreffen? Dieser Frage geht Accenture jährlich auf den Grund. In der 18. Ausgabe der „Accenture Life Trends“-Studie geht es vor allem um die zunehmende Bedeutung von Vertrauen, die Beziehungen zwischen Konsument:innen, Technologie und Unternehmen.
Christopher Böhnke ist seit zehn Jahren an der Erstellung der Life Trends beteiligt. Als Managing Director and Head of Design bei Accenture Song in der DACH-Region, sieht er viele Parallelen zwischen hiesigen Entwicklungen und den internationalen Trends, die die Studie abbildet.
Inhalt
Er entdeckt aber auch Aspekte, die Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz anders handhaben. „So oder so gilt: Die Life Trends sind nicht nur für die Marketing-Abteilung interessant, sondern für alle, die Dienstleistungen anbieten oder Produkte entwickeln.“
Für die „Life Trends 2025“ wurden mehr als 24.000 Menschen in 22 Ländern befragt. Das sind die fünf globalen Makrotrends, die Unternehmer:innen in den kommenden zwölf Monaten kennen und beachten sollten:
Trend I
Der Preis des Zögerns
Welche Auswirkungen entstehen für Unternehmen, wenn Nutzer:innen zunehmend hinterfragen, was sie online sehen? So zweifelten sechs von zehn Befragten in den vergangenen zwölf Monaten an der Echtheit von Online-Inhalten. Und das nicht ohne Grund, denn die einfache Möglichkeit zur Generierung von Texten, (Bewegt-)Bildern und Tönen mittels KI lässt die Grenzen zwischen echten und gefälschten Inhalten verschwimmen. Fünf von zehn Befragten hatten binnen eines Jahres Kontakt mit Fake News oder gar nicht existenten Produkten.
„Diese Entwicklung zeigt, dass Vertrauen keine rein sozialwissenschaftliche Größe ist. Vertrauen und Effizienz gehen im Business-Umfeld fast immer Hand in Hand: Wenn ich etwas oder jemandem vertraue, handle ich schneller und entscheide mich eher für einen Kauf, weil mich meine Skepsis nicht bremst“, sagt Christopher Böhnke. Im Fall von Unternehmen, die Produkte verkaufen, sei es aus Käufer:innen-Sicht nur logisch, dass sie sich bei Kaufentscheidungen zurückhalten, wenn sie an der Authentizität der Produkte zweifeln.
Die Studienautor:innen raten: Marken sollten sich stärker denn je um das Vertrauen ihrer Kundschaft bemühen, klare Methoden zur Überprüfung ihrer Authentizität einführen und Unterstützung anbieten, wenn diese auf Betrugsmethoden wie Deepfakes hereingefallen ist. Gleichzeitig ist die Politik gefragt, klare Leitplanken für den Schutz von Endkund:innen auszuarbeiten. Vertrauen spielt auch bei den anderen vier Trends eine Rolle.
Trend II
Die Elternfalle
Digitale Inhalte, vor allem Social Media, sind für junge Menschen identitätsstiftend und meinungsbildend geworden. Eltern, Politik und Schulen stehen vor der Aufgabe, ihnen eine gesunde Beziehung zur Technologie und Digitalkompetenzen zu vermitteln, die sie selbst oftmals nur in begrenztem Maß besitzen. Der elterliche Wunsch, Kinder vor schlechtem Einfluss zu beschützen, erzeugt eine gesteigerte Wahrnehmung dafür, wie Unternehmen in diesen digitalen Umfeldern agieren. Gleichzeitig entstehen auch von politischer Seite zunehmend neue Gesetze für digitale Plattformen. „Unternehmen müssen künftig einerseits den Regulationsanforderungen von digitalen Plattformen genügen, ohne andererseits dabei ihre Werte und Botschaften aus den Augen zu verlieren“, sagt Accenture-Experte Böhnke. Zusammen muss sich daraus eine völlig neu gedachte Ansprache und Vermarktungsstrategie für Kinder und Jugendliche als auch Eltern ergeben. Die „Life Trends“-Autor:innen raten dazu, dass Marken sich wieder mehr dem Marketing in realen Umfeldern zuwenden und Services zum Beispiel so konzipieren, dass sie nicht auf Smartphones angewiesen sind: „Die Entkopplung von Smartphones schafft Chancen.“ Dies birgt jedoch Risiken in Bezug auf das Konsumtempo, wie der dritte Trend aufzeigt.
Inhalt
Trend III
Ungeduldige Umwege
Die Ungeduld von Konsument:innen wächst. Sie wünschen sich beispielsweise in Gesundheits-, Finanz- oder Lebensfragen schnelle Unterstützung und Lösungen. Der Drang, Antworten auf die eigenen Fragen zu finden, ist dabei stärker als die Sympathien für Marken. Die Accenture-Expert:innen nennen diesen Trend „Impatience Economy“: Ungeduld wird zum Wirtschaftsfaktor.
Wenn Unternehmen die Bedürfnisse der Menschen nicht erfüllen, suchen diese nach dem gewünschten Wissen nicht mehr auf Webseiten der Unternehmen, sondern in Online-Foren oder anderen Communities. Möchten Marken ihre Kund:innen also halten, müssen sie die Wissenslücken ihrer Zielgruppe selbst schließen. Das Dilemma: Unternehmen haben tendenziell die richtigen Botschaften, aber nicht das richtige Medium, um sie zu transportieren. Gleichzeitig sind etwa soziale Netzwerke das bessere Medium, oftmals aber voller Botschaften, die nicht zu einer Marke passen.
Dort präsent zu sein, wo sich die Zielgruppe Informationen holt, lohnt sich für Unternehmen dennoch: 68 Prozent der Befragten aus allen Altersgruppen gaben an, eher mit einer Marke zu interagieren, die nutzwertige Inhalte über Social Media, Blogs oder in Videos verbreitet. In der Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen liegt die Quote sogar bei 74 Prozent. „Unternehmen müssen mehr darauf achten, welche Antworten ihre Zielgruppe in welchem Umfeld benötigt, anstatt in allen Bereichen für alle da sein zu wollen“, sagt Christopher Böhnke. „Das wird vor allem Konzerne stark fordern.“
Die Lösung liege darin, die Bedürfnisse der Zielgruppen in den Mittelpunkt der Produktentwicklung zu stellen – und nicht nur zu schauen, wie ein bestehendes Produkt am besten
verkauft werden kann. Das erfordert ein Umdenken von Unternehmen. Doch die haben derzeit noch andere Themen auf der Agenda, wie Trend vier zeigt.
Trend IV
Würde und Arbeit?
Nur ein Arbeitsumfeld, das von Wertschätzung und Respekt geprägt ist, führt zu motivierten Mitarbeitenden und guten Arbeitsergebnissen; gegenseitiges Vertrauen von Arbeitnehmenden und Unternehmen ist der Schlüssel dazu. Dass dies nicht zum Nulltarif zu haben ist, wird sich 2025 stärker zeigen als bisher. „Die Erwartungen an EBITDA-Margen sind extrem gestiegen. Damit einher gingen bisher entweder Preiserhöhungen für Kund:innen oder Einschränkungen für die Arbeitnehmenden“, beschreibt Experte Böhnke die Situation. „Viele DACH-Unternehmen sehen aber nicht, welchen Schaden sie damit vor allem bei ihren Beschäftigten anrichten.“
Die Befragten konkretisieren den Schaden: Nur 29 Prozent der Arbeitnehmenden denken, dass ihrer Unternehmensführung das Wohlergehen der Mitarbeitenden am wichtigsten ist. 49 Prozent hören öfter Aufforderungen zur Produktivitätssteigerung als Botschaften, die Kundenbeziehungen zu verbessern oder sich persönlich weiterzuentwickeln.
„Besonders im DACH-Raum setzt sich die Erkenntnis durch“, sagt Christopher Böhnke, „dass der Sozialvertrag zwischen Unternehmen und Arbeitnehmenden immer weniger wert ist: Jeder tut nur deshalb etwas für den anderen, weil er auch selbst davon profitiert.“ Wer merke, dass dem Unternehmen die eigene Arbeitsleistung weniger wichtig ist, mache nur Dienst nach Vorschrift. „Das ist dann eine Loose-Loose-Situation. Einspareffekte infolge von weniger Trainings und Beförderungen haben gravierende Nachteile: In Wirklichkeit verlieren die Firmen Wettbewerbsfähigkeit, Leistung und Differenzierungspotenzial gegenüber anderen Arbeitgebenden.“
Inhalt
Und auch KI leiste beim Streben nach Profitabilität meist nicht den erhofften Beitrag. „Die größte Gefahr beim KI-Einsatz in Unternehmen liegt darin, anzunehmen, alle würden wissen und verstehen, wie man diese Tools nutzt.“ Aktuell schauen Unternehmen in der DACH-Region laut Böhnke zu wenig darauf, wie stark KI das Endergebnis beeinflusse und zu sehr darauf, dass sie KI überall einsetzen, wo es nur irgendwie möglich scheint. Böhnke: „Bei dieser Herangehensweise entsteht kein echter Mehrwert, nur größeres Misstrauen gegenüber KI.“ Dabei sind echte und positive Erfahrungen etwas, das Marken und Konsument:innen im Jahr 2025 gleichermaßen benötigen – vielleicht mehr denn je, wie Trend 5 verdeutlicht.
Trend V
Zurück zur neuen Natürlichkeit
Menschen suchen zunehmend nach sinnvollen, tiefen und authentischen Erlebnissen und möchten wieder mehr mit ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen interagieren – fernab des Bildschirms. Vor allem Zeit in der Natur, Verabredungen mit Freunden und Einkaufen in Geschäften werden von beinahe jeder zweiten befragten Person als Aktivitäten genannt, die sie in den vergangenen zwölf Monaten wieder vermehrt unternommen hat. Für 42 Prozent der Befragten war das beste Erlebnis in der vergangenen Woche physisch – und nicht digital.
„In der Begegnung von Menschen und der Haptik von Produkten liegt ein extrem starkes Momentum“, erläutert Christopher Böhnke. Marken mit physischen Produkten seien besser beraten, zu prüfen, wo digitale Mittel das Erlebnis ihrer Produkte vertiefen können, anstatt die nächste Performance-Marketing-Kampagne aufzusetzen und dem Produkt dadurch seine Besonderheit zu nehmen. „Ein menschliches und aufrichtiges Werte- und Produktversprechen wirkt nicht altbacken, solange man es sinnvoll in die digitale Welt überführt“, sagt Böhnke vor allem mit Blick auf die zahlreichen Traditionsunternehmen im DACH-Raum.
Wohin also mit Produkt- und Marketingbudgets im Jahr 2025? Böhnke gibt ein Beispiel: „Wir haben in den vergangenen Jahren mehr als einmal gesehen, dass historisch gewachsene Marken Geld für Dinge ausgeben, die überhaupt nicht auf ihre Kernkompetenz einzahlen. Begründung: Jemand im Silicon Valley macht das auch so. Das Problem dabei war, dass die Vorbilder im Valley volldigitale Firmen sind und eben keine Marken, die ein anfassbares Produkterlebnis bieten können.“ Sinnvoller sei es, die physischen Stärken von Produkten über alle Marketingkanäle hinweg zu betonen oder das Produkterlebnis mit Online-Tipps zu verbessern, anstatt es digital ersetzen zu wollen.
Inhalt
